Nr. 1035 LG Kassel - BGB § 1906 I Nr. 1, 1906 I Nr. 2; HFEG § 17 (3. ZK, Beschluss v. 28.1.2013 - 3 T 35/13) Besteht
eine Betreuung und hat der Betreuer, sofern ihm die Aufgabenkreise der
Sorge für die Gesundheit sowie der Entscheidung über die Unterbringung
übertragen sind, die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung
nach § 1906 I Nr. 2 BGB beantragt, kommt eine Unterbringung nur nach Betreuungsrecht
- und nicht nach dem HFEG - in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn bei
dem Betroffenen allein eine krankheitsbedingte erhebliche Fremdgefährdung,
nicht aber eine konkrete Eigengefährdung festgestellt werden kann. Aus
den Gründen:
----I. Mit der Begründung, die Beschwerdeführerin leide an einer Psychose, regte der Sozialpsychiatrische Dienst beim Gesundheitsamt die Einrichtung einer Betreuung an. Dem folgte das Amtsgericht und bestellte durch Beschluss vom 15.11.2012 die Betreuerin, der es u. a. die Aufgabenkreise der Sorge für die Gesundheit sowie der Entscheidung über die Unterbringung zuwies. Mit Schreiben vom 16.1.2013 hat die Betreuerin beantragt, die Unterbringung der Beschwerdeführerin zur Heilbehandlung zu genehmigen. Weil der zuständige Eilrichter des Betreuungsgerichts wegen der Prüfung einer anderen Unterbringungsmaßnahme verhindert war, ordnete die hinzugezogene Mitarbeiterin des Gesundheitsamts die sofortige Ingewahrsamnahme der Beschwerdeführerin an und verbrachte sie in das ... psychiatrische Krankenhaus. Im Rahmen der dort im Beisein des Verfahrenspflegers erfolgten persönlichen Anhörung gab der zuständige Stationsarzt als Sachverständiger an, die Beschwerdeführerin leide an einer Psychose. Ohne die notwendige medikamentöse Behandlung bestehe konkrete Fremdgefährdung. Auf der Grundlage dieses ärztlichen Zeugnisses sowie der persönlichen Anhörung der Beschwerdeführerin und dein dabei gewonnenen unmittelbaren Eindruck hat das Amtsgericht sodann durch Beschluss vom 17.1.2013 die vorläufige Unterbringung der Beschwerdeführerin in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses längstens bis zum 28.2.2013 angeordnet und zur Begründung darauf verwiesen, nur so könne die von der Beschwerdeführerin ausgehende Fremdgefährdung abgewendet werden. Gegen die Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nach Rücksprache mit dem zuständigen Oberarzt des eingangs bezeichneten Krankenhauses am 22.1.2013 nicht abgeholfen und die Verfahrensakte der Kammer zur Entscheidung vorgelegt. ----II. Die statthafte Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Der Betreuer darf den Betroffenen freiheitsentziehend nur dann unterbringen, wenn ihm die entsprechende Befugnis zusteht (vgl. nur Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Aufl., § 1906 Rz. 2, m. w. N.) und das Betreuungsgericht die Unterbringung genehmigt, § 1906 II 1 BGB. Dieses erteilt die Genehmigung, solange sie zum Wohle des Betroffenen deshalb erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, § 1906 I Nr. 1 BGB, oder weil eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, der ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und deren Notwendigkeit der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann, § 1906 I Nr. 2 BGB. Bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine endgültige Unterbringungsmaßnahme gegeben sind, ist mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden, liegt ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vor, ist ggf. ein Verfahrenspfleger bestellt und der Betroffene persönlich und - soweit bestellt - auch der Verfahrenspfleger angehört worden, ist eine vorläufige Unterbringung nach § 331 FamFG zulässig (vgl. Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 331 Rz. 4 bis 7, m. w. N.). ----(1) Diesen Vorgaben wird das von dem Amtsgericht beachtete Verfahren nicht in jeder Hinsicht gerecht. Selbst wenn man mit dem Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung allein auf eine Fremdgefährdung und nicht - entsprechend der der Nichtabhilfe zugrundeliegenden fachärztlichen Stellungnahme vom 22.1.2013 - zumindest auch auf eine Eigengefährdung sowie eine Behandlungsbedürftigkeit abstellen wollte, hätte die streitgegenständliche Maßnahme nämlich nicht auf das HFEG gestützt werden dürfen. Vielmehr hätte Prüfungsgegenstand der Antrag der Betreuerin vom 16.1.2013 auf Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung sein müssen. Das von dem Amtsgericht in den Vordergrund gestellte fremdaggressive Verhalten der Beschwerdeführerin - diese hat nach der Sachverhaltsschilderung in der polizeilichen Anordnung vom 16.1.2013 ein Bügelbrett von ihrem Balkon geworfen, ohne aber dort spielende Kinder zu verletzen - ist erkennbar Folge des akut aufgetretenen Krankheitsschubes und einer Heilbehandlung zugänglich. Letzteres ergibt sich schon aw dem Zeugnis des Assistenzarztes vom 17.1.2013. Zugleich steht fest. dass die im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung am 16.8.2012 festgestellte wahnhafte Symptomatik mit Antriebssteigerung und Reizbarkeit Anlass für die Bestellung eines Betreuers gewesen ist. Ausgehend davon ist es nicht gesetzeskonform. eine Unterbringung auf der Grundlage des HFEG anzuordnen und so den Betreuer als den gesetzlichen Vertreter des Betroffenen. vgl. § 1902 BGB, jeglichen rechtlich relevanten Einflusses auf die Behandlung (vgl. § 17 HFEG) und auch das Ende der Unterbringungsdauer zu berauben. Deshalb hätte im Hinblick auf den vorliegenden Antrag vom 16.1.2013 allenfalls die Genehmigung einer vorläufigen Unterbringung nach § 1906 1 BGB. nicht aber nach dem HFEG in Betracht kommen können (vgl. Kammer, Beschluss v. 9.8.2008 - 3 T 373/08 -, bestätigt durch OLG Frankfurt, Beschluss v. 14.8.2009-20 W 278/08). ----(2) In der Sache steht allerdings fest, dass die Beschwerdeführerin vorerst selbst gegen ihren Willen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses unterzubringen war, weil sie dringend ärztliche Hilfe benötigt und dieses Erfordernis wegen ihrer Erkrankung in tragfähiger Weise weder zu erkennen noch nach der entsprechenden Einsicht zu handeln vermag. Daran hat sich bislang nichts Wesentliches geändert, denn die schwerwiegende psychische Krankheit der Beschwerdeführerin erfordert noch immer eine fortdauernde und konsequente stationäre Therapie, was die Beschwerdeführerin krankheitsbedingt nicht einzusehen vermag [wird ausgeführt]. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 70 II Nr. 1 FamFG zuzulassen, weil die Frage, ob dem Antrag eines Betreuers auf Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung Vorrang vor der Anordnung einer Unterbringung zur Abwehr akuter Fremdgefährdung zukommt, nach den Erfahrungen der Kammer für eine Vielzahl von Unterbringungsentscheidungen Bedeutung hat. Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt. (T. S.) |